„Themen wie Unfruchtbarkeit, Abgänge, Fehlgeburten, Kinder mit Behinderung oder schweren Krankheiten, viel zu früh verstorbene Kindern und all diese schmerzhaften Dinge (davon gibt es leider mehr als genug), sind wichtig gehört zu werden. Es ist wichtig zu wissen, dass man nicht allein ist.
Und weil es trotz aller Offenheit die man an den Tag legen will ein verdammt schweres Thema ist, möchte ich mit euch ein Zeichen der Solidarität setzen.
Ihr müsst dafür weder betroffen sein, noch über erlebtes reden.
Postet doch in den sozialen Netzwerken einfach ein Bild, bei dem ihr euer halbes Gesicht hinter einer Blume verbergt mit dem Hashtag #ichblühmitdir . Damit wollen wir symbolisieren, dass man sich damit nicht verstecken muss und den Betroffenen Mut zusprechen nicht aufzugeben! Lasst uns gemeinsam blühen und offener für unser Gegenüber sein! „
Meine persönliche Erfahrung möchte ich in nicht zu ausführlicher Form hier mit euch teilen, nicht alles aber ein Teil davon:
Mit unglaublich vielen lieben Worten habt ihr unsere Bekanntgabe zur Schwangerschaft entgegen genommen und wir sind immer noch sehr gerührt! Danke!
Was das letzte Jahr bei uns abging, habt ihr vermutlich so ein ganz klein wenig über den Blog mitbekommen können. Während es Steve mal besser mal schlechter ging, war der Kampf um Besserung und um Gerechtigkeit etwas, dass uns viel Kraft gekostet hat.
Trotzdem war unser größtes Ziel, ein normales Leben zu führen. Relativ normal eben.
Den stillen Kampf, den hauptsächlich ich geführt habe, um Steve oder mein Umfeld nicht belasten zu müssen, habe ich deshalb kaum an die Oberfläche gelassen.
Aennie und das Mutter-sein an sich machten mich unendlich glücklich und es scheint so die Aufgabe gewesen zu sein, die auf mich gewartet hat. Oder auf die ich immer gewartet habe.
Vor über 1,5 Jahren. Also eigentlich, als unser damals so unzufriedenes Baby allmählich angekommen und entspannt war und nicht mehr viel geweint und geschrien hat, fing sich in meinem Kopf (vermutlich aber eher in meinem Herzen) der Wunsch nach einem zweiten Kind breit zu machen bzw. würde ich mich darüber freuen wenn es passiert. Ich hab mir immer schon einen sehr geringen Abstand zwischen den Kindern gewünscht und wollte am liebsten viele Kinder haben.
Mein Körper fühlte sich bereit an und auch wenn ich mir kurz nach Aennies Geburt (Geburtsbericht) geschworen habe, nie wieder eine Geburt erleben zu wollen, hatte ich das Ganze inzwischen erstaunlich gut verarbeitet.
Der Wunsch nach einem Geschwisterchen wurde immer größer und auch Steve war nicht abgeneigt. Klar, er machte sich Sorgen ob er es gesundheitlich und psychisch schafft, aber die größere Angst war dann doch die Zeit. Zeit die man verstreichen lässt, von der man gar nicht genau weiß ob man sie denn noch hat.
Auch wenn das jedem normalen Mensch so geht, dass er irgendwann den Sterblichkeitsgedanken hat, so stand der Tod Steve doch schon mal erstaunlich nahe und Zeit bekam eine andere Definition.
Wir wussten schon von Aennie, dass wir, oder einer von uns, wohl nicht mit Fruchtbarkeit gesegnet waren und somit versuchte ich zumindest so zu tun als wäre ich entspannt.
Die ersten Monate nahm ich es noch nicht sonderlich ernst und ich war es ja auch vom letzen mal gewohnt ca. 6 Monate zu warten bis der Test „endlich“ positiv war.
Aber umso mehr Monate und negative Tests kamen, umso nervöser wurde ich.
Ein paar wenigen Leuten gewährte ich Einblick in diese Gefühle, aber so richtig wusste ich selbst nicht wie ich dazu stehe.
Ich war dankbar, ein gesundes Kind zu haben und wollte in meinem Kopf keine Forderungen entwickeln, die zu Enttäuschungen wurden.
Wenn also wieder ein Monat zu Ende war, versuchte ich realistisch auszuwerten ob da jetzt ein oder zwei Striche auf dem Test waren oder ob der vermutlich defekt sei.
So ziemlich jeder 4. muss defekt gewesen sein. Redete ich mir zumindest ein.
Mein Körper trickste mich nämlich aus und ich dachte mehrmals daran relativ sicher schwanger sein zu müssen.
Mit dem Wissen, entspannt an die Sache ran gehen zu müssen, testeten wir uns durch NFP ( natürliche Familienplanung) und andere Dinge.
Ich versuchte Steve keine Hoffnungen zu machen wenn ich einen Test machte, war aber selbst recht erwartungsvoll bei der Sache.
Genau das was ich eigentlich nicht sein wollte.
Auch wenn ich versuchte, mich mit viel Arbeit abzulenken und mir einredete, dass es vollkommen ok so war, war ich quasi ununterbrochen angespannt.
Natürlich gab es etliche andere Faktoren und viel Arbeit und gleichzeitig der Gedanke Aennie nicht zu kurz kommen lassen zu wollen waren wohl größere Anspannungsursachen.
Alles ziemlich sicher Kopf- bzw. Entscheidungssache.
Das Problem an der Sache ist aber, dass man den Kopf nicht einfach so abschalten kann und somit dachte ich zwar, ich kam klar damit keine 8 Kinder zu bekommen und dadurch Vollzeitmutti zu werden aber unterbewusst wünschte ich mir nichts anderes als ein kinderreiches Haus mit einem Mann, der all das genauso lieben und leben würde.
Außerdem dachte ich so sehr daran, wie gut mir meine Geschwister tun und wie sehr ich Aennie auch so etwas wünschen würde.
Nachdem Aennie allmählich verstand wo sich Babys vor der Geburt aufhielten, kam öfter mal die Frage ob Mama nicht auch ein Baby im Bauch hat.
Wirklich schmerzhaft war das für mich nicht, denn wenn es um Gefühle geht, bin ich eher der „ich sehe es realistisch und verdränge es bis zu einer ruhigen Minute“ und erkläre mir und auch Aennie die Dinge recht objektiv. Außerdem bekamen ihre Omas die gleiche Frage gestellt und ich verstand, dass sie damit eigentlich nur tau verstehen wollte wie das so funktioniert
Natürlich lies ich sie auch daran teilhaben, wie sehr ich es mir wünschte und erklärte ihr, dass es manchmal einfach seine Zeit braucht oder auch nicht sein soll und das auch etwas ist, über das man mal traurig sein darf.
Ihr verständnisvolles „Mhhhm“ fand ich so süß, dass ich beschloss, viel offener mit meinem unerfüllten Kinderwunsch umzugehen.
Schließlich ist das auf komische Art und Weise etwas, über das man nicht sonderlich viel spricht. Aufgefallen ist mir dabei, dass die meisten Leute aus Mitgefühl nicht weiter nachfragen und nicht „in Wunden stochern“ wollen.
Eigentlich ziemlich nett.
Bevor ich aber jetzt jedem erzählte „du wir wollen noch ein Kind aber es klappt einfach nicht“, versuchte ich Gespräche ganz anders wahrzunehmen, anders zuzuhören und auch meinen Fokus anders zu setzen.
Ich wollte, dass mich dieser Wunsch nicht so sehr beherrscht.
Nach ein wenig Zeit gelang mir das mal mehr mal weniger gut. Ich begann vermehrt mit Steve über meine Sorgen und Zukunftsgedanken zu sprechen und wollte vor allem wissen, wie es ihm dabei ging. Immerhin wurde ihm gesagt, dass seine Medikation so etwas erheblich einschränken könne.
So beschlossen wir also diese Entscheidung erstmal der Natur zu überlassen und machten es wie wir das immer machen wenn es mal schwer wurde – „auf einen Tag folgt der nächste“.
Weniger an „was wäre wenn“ zu denken und sich mehr auf den heuten Tag zu fokussieren ist ein langer Prozess, aber es half uns persönlich sehr gut damit umzugehen. Gleichzeitig legten wir auch einen Zeitpunkt fest, an dem wir die Ursache medizinisch abklären lassen wollten. Dieser lag aber weit in der Zukunft. Und wir unterhielten uns auch kurz über unsere Ansichten zum Thema Adoption
Als mich eine meiner besten Freundinnen bat, die Geburt ihrer Tochter fotografisch zu begleiten, hatte ich lange Zeit mich mit dem Gedanken anzufreunden.
Zu Beginn hatte ich Zweifel, ob ich das schaffe, eine Hausgeburt begleiten zu können, nachdem was bei Aennies Geburt alles so schief lief.
Es Dauerte ein Stück bis ich wirklich 100% bereit dazu war, auch wenn ich sofort als ich gefragt wurde zugesagt hatte.
Aber umso mehr ich mich mit selbstbestimmten Geburten und dieser wundervollen Art in From einer Hausgeburt befasste, umso mehr begann ich zu verstehen wie unglaublich toll nicht nur das Kinder haben ist, sondern wie toll auch das Kinder kriegen sein kann.
Meine ersten Zweifel verschwanden und ich war vollkommen bereit dieses wundervolle Kind auf dem Weg in diese Welt zu begleiten. In meinem Kopf löste sich dadurch vermutlich eine Blockade und ich verstand, dass diese ganze Sache echt mit Wunder zu benennen ist.
Den Gedanken an eine körperliche Ursache für unseren unerfüllten Wunsch verdrängte ich erfolgreich und konzentrierte mich auf meine Arbeit als Fotografin.
Zweifel an einer Hausgeburt wurden in meinem Kopf durch Vorbereitungen für schwere Lichtverhältnisse für die Bilder getauscht und ich testete verschiedene Bedingungen mit der Kamera.
Da ich keinen Blitz einsetzen wollte, aber wusste ich kann mich auf meine Kamera und meine Erfahrung verlassen und würde in jeder Situation gute Fotos schießen können, wurde auch das schnell aus der Welt geschafft.
Bis zur Entbindung verging noch viel Zeit und wir hatten bei unserm Kinderwunsch viele Tiefen. Aber ich begann anders damit umzugehen und konzentrierte mich auf meine unglaubliche Tochter.
Aennie ist wirklich der tollste Mensch den ich kenne und ihre tägliche Entwicklung, sie jeden Tag noch besser kennenlernen zu können, ist das, was mich unglaublich glücklich macht.
Wir sind wirklich gesegnet mit dem was wir schon überstehen konnten und auch wenn das gerade vermutlich ekelhaft positiv klingt, so ist das doch die Denkweise die uns dazu bringt nicht aufzugeben und zu dem macht was wir sind.
Als es also immer näher zur Geburt ging, begann ich wieder zu merken, dass mich mein Körper wohl versucht mal wieder aufs Glatteis zu führen und ich erzählte diesmal aber keinem von meinen Gedanken an eine erneute Schwangerschaft.
Meine Beine wurden dicker und schwerer (oh ihr schönen Wassereinlagerungen), ich nahm Gerüche anders wahr und mir war andauern irgendwie flau in der Magengegend.
Kannten wir ja schon. War aber bisher meistens Fehlalarm.
Einen Abend verbrachte ich bis spät in die Nacht mit Photoshop Arbeiten und war zwar unglaublich müde, aber konnte mich nicht zum schlafen überreden. Nennt man das nicht Intuition? In der Nacht bekam ich nämlich die Nachricht von meiner Freundin, dass es wohl los gehen würde und regelmäßig Wehen zu spüren waren. Starke Wehen. Regelmäßig!
Ich nahm also mitten in der Nacht mein Fotoequipment, warf mir meine Schlabberklamotten über und war zu müde um nervös zu sein. Außerdem war (und musste ich ja auch) vollkommen bereit.
Da ich ihr den Geburtsbericht nicht vornweg nehmen möchte, erzähle ich euch erstmal nur wie unglaublich schön diese Geburt war.
Ich war stiller Beobachter durch den Sucher meiner Kamera, aber war so unglaublich beeindruckt und berührt, dass an diesem Tag nicht nur ein neuer Mensch geboren wurde, sondern ich endgültig keine Freunde mehr hatte sondern wir eine Familie wurden.
Vollkommen selbstbestimmt und mit einer wahnsinnigen Stärke wurde da neues Leben geboren. Wahnsinn.
Unglaublich müde und wieder daheim angekommen wusste ich insgeheim, dass mein Körper mir diesmal keinen Streich spielt, wollte aber noch etwas warten mit einem erneuten Schwangerschaftstest.
Der folgte erst etwas später und wisst ihr wem ich als erstes vom positivem Ergebnis erzählt habe? Meiner kleinen Aennie.
Sie hat meinen Bauch angeschaut und direkt eine Hand darauf gelegt und gesagt „hallo Baby“. Der Moment war echt verdammt Filmreif!
Ich war mir aber im Anschluss nicht so ganz sicher wie ich es Steve sagen sollte und hielt den positiven Teststreifen unter meinem Ärmel versteckt. Ungefähr eine Stunde lang.
In der Zeit stammelte ich immer mal wieder komische Dinge zu ihm und er schaute mich schon schräg von der Seite an. Also musste ich ja quasi sagen was mit mir los war.
Ich legte den Test auf den Tisch und er sagte „was ist das?“ – ich nur zurück „da sind zwei Striche, der ist positiv“ und er dann „ja ach du scheiße“.
Ich erstmal ins Bad zu Aennie die gerade ihrer Puppe Lippenstift verpasste und hab erstmal geheult und fand die Reaktion total gemein. Hallo ihr lieben Hormone, da seid ihr ja 😀
Steve kam dann natürlich direkt und hat sich sehr gefreut, aber irgendwie konnte er genauso wenig glauben, dass der Kampf erstmal ein Stück weit gewonnen war.
Jetzt muss dieser kleine „Zellhaufen“ (sehr groß war es ja noch nicht) erstmal wachsen und vor allem überleben.
Ständig neue Sorgen. Super.
Da es schon reichlich spät ist und dieser Blogbeitrag schon ganz schön lang ist kürze ich den weiteren Verlauf etwas ab.
Beim ersten Arztbesuch war noch nichtmal der Herzschlag richtig zu sehen, sondern nur eine Fruchthöhle und der schon benannte „Zellhaufen“ (schrecklicher Spitzname – das müssen wir nochmal bereden). Ich war also noch nicht allzu weit.
Trotzdem haben wir es den engsten Leuten relativ bald (in der 8. oder 9. Woche etwa) gesagt. Da erfuhr ich dann auch, dass eine meiner besten und längsten Freundinnen genau gleich weit schwanger war – so wie wir uns das vor über 10 Jahren als Teenager schon vorgestellt hatten. Das ist echt toll. Irgendwie sollte das alles wohl so laufen.
Anders als bei Aennie verliefen die ersten 3 Monate mit fieser Übelkeit, Müdigkeit, enormen Schmerzen und schrecklichem Sodbrennen. Puh ging es mir schlecht. Die Angst das Baby wieder zu verlieren war groß.
In die Zeit fiel auch Aennies Krankenhausaufenthalt nach einem Sturz und während unter echt schweren Bedingungen eine Hirnblutung bei ihr ausgeschlossen wurde nahm ich durch die Sorgen und das im Krankenhaus Erlebte 4 Kilo ab.
Beste Werte wenn man gerade neues Leben brütet. Es ging uns allen 3en mehr als miserabel.
Aber als die Hirnblutung doch ausgeschlossen werden konnte, wir wieder Nachhause durften, es auch Steve nach einem kurzen aber starkem Tief besser ging und unsere Kleine sich allmählich erholte ging auch die Übelkeit.
Außer einem Bauch merke ich inzwischen also kaum etwas von der Schwangerschaft. Aennie will viel getragen werden, wir gehen viel spazieren, treffen uns mit Freunden und ich trainiere weiterhin regelmäßig aber sehr vorsichtig auf meinem Balanceboard.
Das Baby wächst so wie es sein soll und auch meine Arbeit kann ich voll und ganz ausführen wie ich das möchte. Außerdem wird es jetzt liebevoll Pflaume genannt und hat den ollen Spitznamen vom Anfang abgelegt.
Da mich aber nicht los lässt, wie viele Frauen bzw. Paare betroffen sind von schweren Schicksalsschlägen, geht mir eine Idee nicht aus dem Kopf.
Manchmal hilft es nämlich einfach nur etwas Solidarität zu spüren und daher hab ich mir etwas überlegt.
Frauen/Paare die sich sehnlichst ein Kind wünschen und über einen langen Zeitraum gefühlt quasi nur dieses Thema im Kopf haben, ziehen sich vermutlich aus Selbstschutz zurück.
Zum Einen möchte man nicht andauernd darauf angesprochen werden und zum Anderen weiß man, dass man viel mehr hat für das man doch eigentlich schon dankbar sein sollte.
Themen wie Unfruchtbarkeit, Abgänge, Fehlgeburten, Kinder mit Behinderung oder schweren Krankheiten, viel zu früh verstorbene Kinder und all diese schmerzhaften Dinge (davon gibt es leider mehr als genug), sind wichtig gehört zu werden. Es ist wichtig zu wissen, dass man nicht allein ist.
Und weil es trotz aller Offenheit die man an den Tag legen will ein verdammt schweres Thema ist, möchte ich mit euch ein Zeichen der Solidarität setzen.
Ihr müsst dafür weder betroffen sein, noch über Erlebtes reden.
Postet doch in den sozialen Netzwerken einfach ein Bild, bei dem ihr euer halbes Gesicht hinter einer Blume verbergt mit dem Hashtag #ichblühmitdir. Damit wollen wir symbolisieren, dass man sich damit nicht verstecken muss und den Betroffenen Mut zusprechen nicht aufzugeben! Lasst uns gemeinsam blühen!
(an dieser Stelle ist mir noch wichtig zu sagen, dass ich weder ausgebildete Therapeutin bin, noch Ratschläge geben möchte. Ich möchte wie gewohnt mit Tabus brechen und anderen Leute evtl. etwas Mut mit auf den Weg geben. Bitte nehmt eure Gefühle ernst und holt euch professionelle Hilfe, wenn ihr das Gefühl habt sie zu brauchen. Es gibt tolle Einrichtungen bei denen man diese Hilfe bekommt. Scheut euch nicht)
In diesem Sinne: Ich blüh mit euch!
Mau
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